Rede Peter Wiering – Stadtratssitzung, 01.07.2020

Lieber Vorsitzender,
Liebe Ratskollegen,
Herr Bürgermeiser,
Liebe Verwaltung,
Liebe Gäste,

Wir sollen hier heute also nun ein Protokoll von vor einem Jahr genehmigen.
Dieses Protokoll haben wir gestern Abend um 20:33 Uhr per E-Mail erhalten.
Eine beachtliche Leistung – ein Protokoll von 12 DinA4-Seiten in nicht mal 364 Tagen fertigzustellen.
Umso spannender, dass nun ehrenamtliche Ratspolitiker dieses Protokoll innerhalb einer Nacht und einem Arbeitstag gelesen, kontrolliert und abgenickt haben sollen.
Dies muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Mal ganz abgesehen davon, regelt die Geschäftsordnung des Rates aus dem Jahr 2014 ganz klar:
Protokolle haben in maximal 3 Wochen fertiggestellt und den Ratsmitgliedern vorgelegt zu werden.
Wenn es schneller geht, macht das übrigens auch nichts!

Bestandteil dieses Protokolls ist ein Mehrheitsbeschluss bezüglich des Flächennutzungsplans für ein mögliches Schulzentrum.
Dieser Beschluss ist bis heute nicht einmal substanziell bearbeitet, geschweige denn umgesetzt worden.

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Aus FDP-Sicht sehe ich nun weitere Punkte:
Seit Mai hat die Verwaltung mehrere Anfragen von uns. Bis heute ist nicht eine davon beantwortet worden.

Ein Beispiel:

  • Wir haben nach konkreten Tourismuszahlen aus 2019 gefragt.
  • Wir haben sogar eine Format-Vorlage beigefügt, um der Verwaltung zu helfen, auch die richtigen Zahlen zu finden
  • Dies mit der Bitte um Beantwortung bis 05.06.2020 durch die Verwal-
    tung.
  • Bis zum 17.06.2020 hatten wir kein Antwort – weder auf unsere Frage
    noch, dass es ggf. länger dauern könne
  • Also haben wir im Verwaltungsausschuss am 17.06.2020 nachgefragt,
    wie es um die Zahlen steht
  • Dort wurden wir auf „zeitnahe Beantwortung“ vertröstet.
  • Letzte Woche haben wir dann am 23.06.2020 erneut ein Schreiben mit
    Frist bis zum 30.06.2020 an die Verwaltung gesandt.
  • Bis heute haben wir keine Antwort erhalten.

Dies ist nur ein Beispiel von vielen.
Ich will auch nicht mit zu vielen Details nerven.
Ich will nur belegen, wie mühselig und zäh die Kommunikation aktuell abläuft. Selbst bei einfachsten Anfragen.

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Eigentlich dachten wir, dass Rat und Verwaltung Hand in Hand arbeiten sollten, um diesen Ort voranzubringen.
Oft wird seitens der Verwaltung betont, dass man doch lieber „miteinander sprechen solle“.
Das die Parteien doch auf „kurzem Dienstweg nachfragen sollen, bevor sie an die Öffentlichkeit gehen“.

Wie soll das denn funktionieren?


Denn was passiert wirklich?

  • Selbst einfachste, schriftliche Nachfragen werden, auch nach mehrfacher Erinnerung, nicht beantwortet
  • es werden Protokolle um ein Jahr verzögert abgesandt mit der Erwar- tungshaltung, dass diese dann aber binnen nicht einmal 24h abgesegnet werden
  • und es werden Mehrheitsbeschlüsse nicht angegangen, sondern auf die lange Bank geschoben.

Soll das ernsthaft die Art und Weise einer hauptamtlichen Verwaltung sein, mit ehrenamtlichen Ratspolitikern umzugehen?
Sollen wirklich so demokratische Grundregeln derart mit Füßen getreten werden?
Wenn dem so ist: Dann könnten wir eigentlich auch ganz offiziell dazu übergehen, dass alle Dinge in Hinterzimmergesprächen des Bürgermeisters entschieden werden.


Nur dann sollten wir uns heute dazu entscheiden, dies auch öffentlich so kund zu tun.
Dann wissen alle – Bürger wie Ratsmitglieder – offiziell, woran sie hier sind.
Und vor allem können wir Ratspolitiker diese zeitraubende Statisten-Rolle – denn mehr ist es aktuell nicht – abgeben.

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Oder aber!

  • Wir raufen uns endlich mal zusammen
  • erkennen die Demokratie als Grundordnung dann vielleicht doch an
  • und fangen an, miteinander zu arbeiten.

Natürlich ist dies vielleicht nicht im Interesse mancher Akteure hier.
Natürlich wünscht sich der ein oder andere, dass er Entscheidungen, die ihm nicht passen, bis über die Wahl im nächsten Jahr retten kann.
In der stillen Hoffnung, dass er dann in der Mehrheit ist.

Aber dafür unter anderem sein eigenes Hauptamtliches Beschäftigungsverhältnis zu nutzen ist wirklich unanständig und schäbig.

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Nebenbei“ bemerkt;
Die Verwaltung war erschreckend flott, die FDP in den Grafschafter Nachrichten am 01.06.2020 öffentlich zu beschuldigen, einen „klaren Regelverstoß“ begangen zu haben.
Dies nur, weil wir über eine essenzielle Unstimmigkeit zwischen Aussagen des Landkreises und des Bürgermeisters gestolpert waren. Unstimmigkeiten, die bis heute nicht abschließend aufgeklärt sind.
Im Verwaltungsausschuss am 17.06.2020 haben wir dann sehr konkret nachgefragt, worin unser Regelverstoß lag.


Die Reaktion der Verwaltung war beeindruckend!

  • Der Verwaltungschef hatte keine Antwort,
  • stattdessen verwies er auf den ersten Stadtrat, Herrn Jürriens
  • dieser hatte in dem Moment ebenfalls keine Antwort für uns, kündigte
    aber an, kurzfristig darauf zu reagieren.
  • Wir sind nun zwei Wochen später – und haben immer noch keine Ant-
    wort

Das Protokoll des Verwaltungsausschusses liegt noch nicht vor. Sowas kann ja auch mal ein Jahr dauern, wie wir nun gelernt haben.
Natürlich kann die Verwaltung somit immer noch mit diesem Protokoll antworten – und mir nun sagen, ich solle mich mal nicht so anstellen.
„Kurzfristig“ ist es dennoch nicht.

Vor allem, wenn man bedenkt:

  • die öffentliche Anschuldigung damals stand sehr schnell fest
  • und wurde dann sofort an die Öffentlichkeit getragen

Nur die echte Begründung kennt bis heute noch niemand – wahrscheinlich nicht einmal die Verwaltung selbst

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Abschließend zu diesem Thema:
Letztendlich machen wir Ehrenamtler hier im Rat diese ganze Arbeit, um diesen Ort voranzubringen.

Wir müssen uns dabei wenigstens auf minimalste Grundregeln verlassen können – dass:

  • gemeinsam gesteckte Regeln eingehalten werden
  • Informationspflichten erfüllt werden
  • schriftliche Anfragen auch beantwortet und nicht ignoriert werden
  • eine vertrauensvolle, wie auch kritische Zusammenarbeit möglich ist – öffentliche Anschuldigungen seitens der Verwaltung begründet sind
  • „kurzfristige Rückmeldungen“ auch KURZFRISTIG erfolgen

So wie es jetzt ist, ist es einfach nur maximal intransparent, schamlos gegenüber demokratischen Entscheidungen und nicht weiter zu akzeptieren!

(Juli 2020 – Peter Wiering, FDP-Fraktionsvorsitzender)

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